Projekte
Wohnbebauung Sternäckerweg
Konzept
Der bereits 2011 von der Arbeitsgemeinschaft balloon_architekten und gaft&onion gewonnene Wettbewerbsentwurf für den geförderten Wohnbau Sternäckerweg im Südosten von Graz besticht durch eine klare Baustruktur.
Die Wohnsiedlung versucht bewusst dem Verlust an Grünraum durch die rege Bautätigkeit im Bezirk St. Peter der letzten Jahrzehnte entgegenzutreten. Seit dem Jahr 2015 entstehen, in vier Bauabschnitte unterteilt, circa 400 Wohneinheiten samt einem Kindergarten. Die endgültige Fertigstellung ist mit 2021 geplant. Der Wohnbau ist im suburbanen Raum zwischen dem Einkaufszentrum Murpark im Westen und dem östlich gelegenen Industriepark Messendorf verortet. Kleinteilige Einfamilienhausstrukturen und die Zufahrtsstraße im Norden, sowie Ackerflächen und Gewächshäuser im Süden begrenzen das ungefähr 100 Meter breite und 500 Meter lange Grundstück.
Das Entwurfskonzept ist auf den ersten Blick erkennbar: Mäanderförmige, in die Länge gezogene Volumina lockern die Siedlung in Nord-Süd Richtung auf und formen unterschiedlich große, innenliegende Hofsituationen, die auch die Zentren der Siedlung bilden. Ein diffiziles Wegesystem bestehend aus sich abwechselnden, breiten Wohnstraßen und Grünzonen von Norden nach Süden hin sowie mehrere von Osten nach Westen verlaufende Fußgängerwege verbinden die Innenhöfe. Sie bieten wechselnde Blickbeziehungen und bilden sanfte, kommunikationsfördernde Übergänge zwischen den einzelnen Baukörpern und den unterschiedlich großen öffentlichen, halböffentlichen und privaten Flächen.
Auf angenehme Art und Weise verliert man sich beim Durchschreiten der labyrinthartig anmutenden Siedlung. Hohe Wichtigkeit wird dem Bezug zum Außenraum und dem Wohnen in der Nachbarschaft zugesprochen. Dieser Gedanke wird konsequent im Umgang mit Fahrzeugen fortgeführt, die nur in bestimmten Fällen Zufahrt zur Siedlung haben und ansonsten in Tiefgaragen untergebracht sind. Angenehm auflockernd wirken auch die wechselnden Höhen der Baukörper. Der verdichtete Flachbau variiert zwischen zwei und vier Geschossen wodurch das Bild einer gewachsenen Siedlung im suburbanen Raum entsteht – es lassen sich klare Bezüge zum Prinzip der Gartenstadt oder zum skandinavischen Siedlungswesen erkennen. Der Wohnbau ist in einem sichtbar menschlichen Maßstab geplant, die Aneignung des Raums durch die Bewohner ist erwünscht, dennoch bietet die Bebauung genügend Intimität für Einzelne. Die reduzierte Architektur spiegelt sich auch in der schlichten Materialwahl wider: Beton, Putz, Holz, verzinkter Stahl und Glas bilden die fünf sichtbaren Hauptelemente. Die Gebäudefassaden werden vor allem durch die großzügigen Balkone, Laubengänge sowie Stiegenhäuser gegliedert, die einzelnen Öffnungen der Wohnungen selbst scheinen in den Hintergrund zu treten. Die Materialwechsel zwischen der hellgrauen, kühl wirkenden Putzfassade und der horizontalen, warmen Holzlattung bilden einen angenehmen Kontrast und vermitteln subtil den Wechsel zwischen öffentlichen, halböffentlichen und privaten Räumen. Weitere strukturgebende Fassadenelemente sind die kollonadenartig angeordneten Stahlbetonstützen der Laubengänge. Sie treten aus der Konstruktion hervor, werden bewusst nicht versteckt und gliedern die breiten, unterschiedlich langen Erschließungssituationen.
Der Wohnbau am Sternäckerweg bietet durch die klare strukturelle Aussage seiner Baukörper und die Zonierung der Freiräume und Höfe mit einfachen formalen Mitteln eine hohe Lebensqualität.
Ausführung Hochbau
Sämtliche unterirdische Bauteile sind in Ortbeton ausgeführt. Die Erschließungen in Form von offenen Stiegenhäusern und Laubengängen sind abhängig vom Brandschutz teilweise betoniert bzw. in Holzbau ausgeführt.
Die Wohneinheiten sind in Holz-Riegel und Massivholzbauweise mit Brettsperrholz geplant. Wobei die zweischaligen Wohnungstrennwände als Schoten angeordnet mit den Brettsperrholz-Massivholzdecken die Haupttragstruktur bilden und die Außenwände zur Aussteifung dienen. Beim 4-geschoßigen Baukörper sind alle Außenwände des Holzbaus als Brettsperrholz-Wände geplant, bei den 2-geschoßigen Baukörpern sollen die Außenwände in Holz-Riegelbau mit aussteifender OSB-Beplankung ausgeführt werden. Nur vereinzelte Außenwände in den 2-geschoßigen Bereichen sind, wo sie maßgebende aussteifende Funktionen übernehmen, in Brettsperrholz geplant. In jeder Wohnung gibt es noch eine tragende Zwischenwand in Brettsperrholz mit beidseitiger, jeweils doppelter GK-Beplankung. Alle übrigen Trennwände in den Wohnungen sind Metallständer-Trockenbauwände.
Durch die Zweischaligkeit der Wohnungstrennwände bilden die übereinander „gestapelten“ und nebeneinander stehenden Wohneinheiten „Türme“ die entsprechend ausgesteift sein müssen; wobei die Stahlbetonbauten durch die Situierung im Randbereich der Baukörper nicht als aussteifende Kerne dienen können. Die Konzeption der Tragstruktur ist auf diese Besonderheit abgestimmt.
Die obersten Geschoßdecken sind in eine Seite geneigt geplant und bilden das notwendige Gefälle für die darüber liegenden Flachdach-Aufbauten. Alle Dächer der Wohngebäude sind als Warmdächer mit einer extensiv-begrünten Substratschicht von 8-15cm und Kiesstreifen in den Randbereichen vorgesehen.
© balloon architekten ZT-OG / Rampula – Gratl – Wohofsky
Graz
BA I + II: realisiert 2018
BA III: realisiert 2020
BA IV: realisiert 2021
BA I + BA II: 2014 - 2018
BA III: 2015 - 2020
BA IV: 2017 - 2021
BA I: 59WE
BA II: 98WE
BA III: 105WE
BA IV: 147WE
Holzbaupreis 2019
Publikation Best of Austria 2019
ÖWG Wohnbau
1.Preis, 2011
balloon_Wohofsky ZT-KG
gaft&onion ZT-KG
Arch. DI Andreas Gratl (Gesamt-PL)
DI Thomas Kain
DI Ana Masu
DI Hubert Stöger
DI Roland Dorn
DI Lisa Odert
DI Beatrice Bednar (Landschaftsplanung, WB)
Persoglio KG
Fotos: David Schreyer
Foto Holzbaupreis: Schiffer
Pläne: balloon